30.07.2025
Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun.
// Luk. 23,34. // Joh. 17,9. sagte Jesus, Er bitte (damals) nicht für die Welt; da man Ihn aber kreuzigte, bat Er für Leute, die zur Welt gehörten, nämlich für die rohen Soldaten, die Ihn unter ihren Händen hatten, gleichwie Er auch Luk. 13,8. in einem Gleichniß andeutet, daß Er für einen unfruchtbaren Feigenbaum, das ist für einen fleischlichen Menschen, um Verlängerung seiner Gnadenzeit bitte. Jesus bat also für die Soldaten, die Ihn kreuzigten. Das Getümmel, das um Ihn herum war, die Schmach, die Ihm mit Worten und durch die Entblößung Seines Leibs angethan wurde, und die Schmerzen, welche Ihm die Nägel verursachten, brachten Seine Seele in keine Unordnung und erweckten keinen Grimm in Ihm; auch trieb Ihn das Leiden, das Sein Vater über Ihn kommen ließ, in keinen Unglauben hinein. Er sagte mit einer zufriedenen Seele: Vater. Die Ansprache an Seinen Vater ließ Er sich nicht wehren; weil Er aber Seinen menschlichen Willen in das Leiden, das auf Ihm lag, schon ergeben, und gesagt hatte: es muß also gehen, wie würde sonst die Schrift erfüllet? so bat er nicht mehr um Wegnehmung des Kelchs, wie am Oelberg, sondern legte eine Fürbitte für Seine Kreuziger ein. Vergib ihnen, sprach Er, denn sie wissen nicht, was sie thun. Es ist wahrscheinlich, daß diese Leute durch diese ganz ungemeine Fürbitte gerührt worden seien; denn sie waren ohne Zweifel gewohnt, Flüche, oder doch ein wildes Geschrei von denen, welche sie kreuzigten, zu hören: hier aber höreten sie eine sanfte Fürbitte. Sie höreten denjenigen, den sie kreuzigten, sagen: Vater, vergib ihnen. Nun war ihr Seelenzustand freilich damals nicht so beschaffen, daß ihnen die eigentliche Vergebung der Sünden oder die Rechtfertigung hätte widerfahren können, denn ehe sie dieser theilhaftig werden konnten, mußten sie wissen, was sie gethan hatten, und ihre große Sünde bereuen. Der HErr Jesus hat also für sie, wie Moses für das Volk Israel, nachdem es sich mit dem goldenen Kalb versündiget hatte, gebeten hat, da er auch zu Gott sagte: nun vergib ihnen ihre Sünde, 2 Mos. 32,32. das ist, vertilge sie nicht, wie Du gedrohet hast, gib ihnen noch Raum zur Buße. Die Fürbitte Jesu wandte also eine plötzliche Strafe von den Soldaten ab, und hatte die Wirkung, welche der Fürbitte des Weingärtners Luk. 13,8. zugeschrieben wird. Der Beisatz: sie wissen nicht, was sie thun, zeigt an, warum der HErr Jesus Seinen Vater um eine milde Nachsicht habe bitten können. Wenn man sich an etwas, das heilig ist, vergreift, und nicht weiß, was man thut, so wird es nicht so hoch aufgerechnet, als wenn man weiß, was man thut, weßwegen auch Paulus 1 Tim. 1,13. bezeugt, er habe aus Unwissenheit gelästert, und deßwegen habe ihm Barmherzigkeit widerfahren können; folglich dürfe sich Niemand, der den Heiligen Geist (wissentlich) lästert, auf sein Beispiel berufen. Als hernach die Apostel den Juden Buße predigten, so sagten sie ihnen, was sie gethan haben. Den Messias, sprachen sie, habt ihr gekreuzigt, den Fürsten des Lebens habt ihr getödtet, Apost. Gesch. 2,36. 3,15. Und so ist vielleicht auch den Soldaten, die Jesum gekreuzigt haben, ihre Sünde hernach aufgedeckt worden, wie es denn schon unter dem Kreuz Jesu hat geschehen können, s. Matth. 27,54. // Mel.: // O Jerusalem, du Schöne. 1. Singt doch von der Wunderliebe, Die in Jesu Herzen brennt; Singt in Seines Geistes Triebe, Die ihr den Versöhner kennt; Unter Seiner Henker Grimm Red’t die Liebe noch aus Ihm. 2. Vater, heißt’s, vergib Du ihnen! Was sie thun, versteh’n sie nicht. Das sind Worte zum Versühnen, Worte, die der Mittler spricht, Worte, die Gott nicht vergißt, Weil Er selbst die Liebe ist. 3. O die Worte gelten Allen Nach des Vaters Liebesrath, Weil nach dessen Wohlgefallen Dieß der Sohn der Liebe bat. Vater meines HErrn, vergib Mir auch, Deinem Sohn zu lieb. 4. Mittler, gegen mein Verbrechen Gilt mir dieß Dein Fürwort nun; Kannst Du das am Kreuze sprechen, Wirst Du’s auf dem Thron auch thun. HErr, mein Heil, ich danke Dir, Deine Liebe brenn’ in mir!